Freitag, 28. Januar 2011

Der dunkle Grenzbezirk (3)


Nein, es ist nicht alles schlecht. In der Straße mit den vielen Altbauten und den ordentlich aufgereihten Bäumen wohnen auch ganz normale Leute. Es ist allerdings wie überall und in vielen Lebensbereichen: Die Normalen sind möglicherweise sogar in der Mehrheit, aber da sie nicht auffallen, nimmt man nur die Extreme, die Ausschläge nach unten wahr. Die Vollpfosten prägen in ihrer rücksichtslosen, lautstarken, dummen Dauerpräsenz die Wahrnehmung viel stärker.

Die kleine türkische Schneiderin aus Antalya versteht ihr Handwerk sehr gut und war schon mehr als einmal meine Rettung vor den Fährnissen zerschlissener Kleidungsstücke, beim Verlust von Knöpfen oder bei der Anpassung von Kleidungsstücken an meine sich verändernde Physiognomie. Ich gehe gerne zu ihr, sie hat stets ein Lächeln parat, arbeitet sehr sorgfältig und mit stoischer Ruhe. Aber ich gebe zu, dass erst ihre Leuchtreklame mit dem Charme der selbstgeklebten Buchstaben und der eigenwilligen Orthographie mich in ihren stets mit Kleidungsstücken vollgestopften Laden lockte (siehe Foto). "Reinigung  ist da bei" - das klingt doch wie der Schlachtruf in der hiesigen Frittenschmiede: "Kommt auf die Pommes noch wat bei?"

Einige verwandte schöngeistige Seelen starteten im letzten Jahr eine mutige Aktion, quasi das mikro-lokale Pendant zu "Unser Dorf soll schöner werden", indem sie rund um einen der wohlaufgereihten Bäume eine kleine, sehr ordentlich geharkte Fläche mit Kies aufschütteten und auf dieser Fläche zusätzlich Pflanzen ansiedelten. Ich war ganz begeistert von diesem stoischen Aufbegehren gegen den überall herumfliegenden Abfall aus McDonald's-Tüten und Jägermeisterflaschen. Aber es kam, wie es kommen musste: Nach wenigen Wochen hatten die Kachelcouchtischbesitzer mit ihren Hartz IV-Kampfhunden dieses kleine Refugium wieder in eine Kloake verwandelt, in der sich neben den Exkrementen der vierbeinigen Hooligans die ortsüblichen Reste eines gelungenen Wochenendes sammelten: McDonald's-Tüten und Jägermeisterflaschen.

Aber der Versuch zählt.

Wider den Telefonterror!

Endlose Warteschleifen, Service-Mitarbeiter mit starkem bulgarischen Akzent, blödsinnige Computeransagen - wir alle kennen die aurale Vorhölle namens Callcenter-Hotline. Ein paar pfiffige Belgier schlagen jetzt zurück:

Meine erste Pommesgabel



Mit Doktor G. an der Theke. Zufuhr von Alkoholika lässt uns nostalgisch zurückblicken auf die musikalische Vergangenheit. Thema: Erste Konzertbesuche. Während G. auf einen von der Sparkasse gesponsorten Auftritt von Fats Domino in der Stuttgarter Liederhalle verweisen kann ("Mit Gebläse, und alle auf der Bühne waren dick und schwarz!"), sagt der ebenfalls anwesende Holländer nur: "Punk. Alles was laut war." Ich halte mit Peter Tosh dagegen, 1983 in Düsseldorf, die legendäre "Legalize it!"-Tour, die Herrn Tosh ein Auftrittsverbot in einem CSU-regierten Bundesland einbrachte...

Ungeschlagen allerdings Wonderwoman, die toughe Ruhrpottpflanze. Mit 13 war sie auf ihrem ersten Konzert. Der Name der Band? Slayer! 

Und auf einmal erscheinen mir alle verdammt harten Typen, die ich kenne, nicht mehr ganz so hart.

Belauscht


Vor einem ortsansässigen Café: Vier starke Männer bugsieren eine riesige Scheibe in eine glaslose Fensterhöhle von circa 2 mal 3 Metern. Es ist die Frontseite des Cafès, drinnen frieren einige behütete (heißt das so, wenn alte Damen bei ihrem Kännchen  Kaffee Haag den Kopfputz aufbehalten?) Kuchenfreundinnen und der Wind pfeift wirklich scharf. Die Arbeiter ächzen und halten die Scheibe mit Saugnäpfen fest. Dann fallen die entscheidenden, den Tag machenden Sätze:
"Die ist zu groß!!! Du hast doch behauptet, wir hätten noch gut einen Zentimeter Luft!"

Ich gehe schnell weiter und - und denke an die Tortengemeinschaft, die ihre Süßspeise nun wohl im Freien verzehrt...

Dienstag, 25. Januar 2011

Anleitung, einen Toaster zu bauen

Schon mal darüber nachgedacht, welches kollektive Wissen notwendig ist, um einen simplen Alltagsgegenstand herzustellen? Ein britischer Designer hat es versucht. Und kam zu der Erkenntnis, dass eine ganze Zivilisation die Voraussetzung für die Existenz von Toastern ist.

Montag, 24. Januar 2011

Samstag, 22. Januar 2011

Das Ende eines Mythos

Einst war ich ein glücklicher, Pfeife rauchender Volvo-Fahrer. Ich trug einen grünen Pullunder über meinem Hemd, nahm stets Rücksicht im Straßenverkehr und war freundlich zu Kindern, Tieren und Blumen. Ich genoss es, an Bord eines Volvo740 GLE in einem Gefühl der Sicherheit und des Gutmenschentums auf einem Fernsehsessel von Fahrersitz dahin zu cruisen.  Ein Auto wie eine Burg, solide schwedische Ingenieurskunst, in der ich jedem potentiellem Crash gelassen entgegen sehen konnte. Ich dachte, 1,5 Tonnen Gewicht und eine Länge von 4,85 Metern seien eine Art automobiler Lebensversicherung.

Und dann kam ein Kleinwagen daher:

Donnerstag, 20. Januar 2011

Hölle unter Palmen


"Guckst Du?" - ich weiß sofort, auf was sich die Frage der Kollegin bezieht. Es geht ums Fernsehen, es geht um das mediale Tratsch-Thema Nummer 1, es geht um den Dschungel. Alle reden jetzt über den Dschungel, der Name muss nicht einmal erwähnt werden, es reicht: "Guckst Du?"

Gratulation an die perfekte PR-Maschine "beim ÄR-TEE-ÄLL" (bitte mit kölschem Akzent lesen), die wie (fast) jedes Jahr dafür sorgt, dass die Zeitungen voll sind mit brandheißen sogenannten Infos über die Kandidaten (Zitat: "Die „Dschungelcamp“-Schatzsuche wurde wegen des Regens abgebrochen. Zuvor hatte Sarah ihrer Kollegin Katy als Riesen-Kakerlake Stromschläge verpasst!") und das eigene Programm inklusive der sogenannten Nachrichten nur noch aus Exclusivmeldungen über Verdauungsprobleme der Insassen besteht. 

4,2 Millionen Zuschauer zwischen 14 und 49 Jahren haben gestern zugeschaut, mal wieder fast 40 Prozent Marktanteil. Jeden Tag neue Quotenrekorde. Unterschichtenfernsehen? Aber ja, auch Menschen mit einem Jahreseinkommen über 100.000 € werden ab 22.15 Uhr zum TV-Proleten!

Die Kritiker sind weitgehend verstummt, the Untergang des Abendlandes will not be televised. Die Medienseiten raunen, das Dschungelcamp sei gesellschaftsfähig geworden, und die Sendung sei handwerklich gut gemacht. Mag sein. Auch eine Daniela Katzenberger gilt ja heute als gesellschaftsfähig. Und die Super-Illu ist handwerklich auch gut gemacht.

RTL kann allerdings den Erfolg nicht kapitalisieren: Im einzigen (!) Werbeblock des Stundenformats verlieren sich zwei bis drei Spots - da sage mal einer, Privat-TV würde nur niedrige Instinkte wecken. Das Dschungel-Camp schafft es, selbst bei Werbern moralische Bedenken zu schüren.

Auf der anderen Seite platziert RTL das Format ja gerade DESWEGEN im Januar, einem Monat, der nie für hohe TV-Werbeeinnahmen bekannt war. Die Branche ist nach dem Weihnachts-Overkill dann stets etwas von Buchungsmüdigkeit geplagt. Und die Kaufkraft der Konsumenten ist auch ausgelaugt. In einem solchen Monat kann man also ohne echte Einnahmeverluste die PR-Maschine in den Overdrive schicken und den Boulevard noch schleimiger bedienen als sonst. Dafür braucht es nicht einmal unternehmerischen und programmplanerischen Mut.

"Guckst Du?" - "Ab heute nicht mehr."



Dienstag, 18. Januar 2011

Der dunkle Grenzbezirk (2)


"Ey, Du kannst mich mal!" -"Sei nicht so frech - und um halb sieben bist Du wieder zuhause!" - "Aber Chantal darf auch bis sieben!!!" - "Frollein, Punkt halb sieben!!!" - Zwei Stimmen wie ein Säurebad, mein VU-Meter im Innenohr ist bis zum Anschlag im roten Bereich. 

Schräg gegenüber wohnt das akustische Grauen. 

Pubertierende können anstrengend sein, ohne Frage, doch hier geht es a) um einen besonders hartnäckigen Fall einer pickeligen Rotzgöre und b) um die Tatsache, dass dieser Eltern-Kind-Konflikt generell auf der offenen Straße ausgetragen wird. Täglich ab 13 Uhr 45, dann kommt das eine Grauen aus der Schule. Das andere Grauen wartet bereits vor der Tür oder hinter dem halb geöffneten Fenster im Hochparterre. Und dann kommt es immer, IMMER, zu scheppernden und latent aggressiven Dialogen.

Ich habe auch bereits erlebt, wie sich das ältere Grauen mit einem liebeskranken männlichen Begleiter des jüngeren Grauens anlegte - der junge Mann hatte keine Schnitte und wagte es erst aus einem sicheren Abstand heraus, mit den heute handelsüblichen Schmähungen unter Nennung weiblicher Geschlechtsteile und der Unterstellung abartiger Sexualpraktiken auf mütterlicher Seite zu widersprechen. Ich habe ihn lange nicht mehr gesehen.

Nahezu harmlos dagegen ist der Lange. Ein Baum von einem Mann, mindestens 2 Meter 10 groß und mit einer wilden Haarpracht auf dem Kopf, die in Karnevalszeiten locker als Afroperücke durchgehen würde. Der Lange trägt stets Hosen, die zu kurz sind. Und immer weiße Socken. Ich glaube nicht, dass die Hochwasser-Jeans ihn stören oder er keine in seiner Größe bekommt, denn als wolle er die Wahl seiner Socken noch herausstellen, krempelt er die Jeans auch noch zusätzlich um. Ansonsten ist er ein angenehmer Zeitgenosse, in diesem Panoptikum des Absonderlichen fällt er zumindest akustisch niemals negativ auf.

Und das ist immer noch nicht alles. Hier wohnen noch ein ganze Menge Leute.


Für August


"Für August" ist eine kleine Schneiderei in Köln. Ich bin ganz hingerissen von den schönen Fotos und dem Stil der Kleidung. Man muss kein Freund der 40er sein oder komplett im Retro-Universum leben, um die Klarheit der Formen zu würdigen. 

Die Kreationen erinnern mich daran, dass auf dem langen Weg der Mode irgendetwas ganz Besonderes verloren gegangen ist. Götz Alsmann hat einmal gesagt, früher hätten die Leute sich  eleganter gekleidet. Ich fürchte, er hatte Recht.




Montag, 17. Januar 2011

Ein Koffer mit Vergangenheit


Jeder kennt die berühmte Aufnahme von Robert Capa aus dem spanischen Bürgerkrieg: Ein Soldat im Moment seines Todes, die Arme nach hinten gerissen, das Gewehr noch in der rechten Hand. Ein Bild, das zur Folklore der Friedensbewegung wurde, gerne mit dem anklagenden "Why?" versehen und auf unzähligen Aufklebern, Postkarten und Transparenten verwendet. Selbst eine seit den 70er Jahren geführte Diskussion darüber, ob das am 5. September 1936 aufgenommene Bild gestellt sei, konnte der Wirkung nichts anhaben. Die Aufnahme war allerdings nur eine von vielen tausenden, die in diesem äußerst brutalen Krieg entstanden: Capa war zwischen 1936 und 1939 mehrmals im republikanischen Spanien mit der Kamera unterwegs und berichtete mit Kollegen von der Front und aus der Etappe.

In Mexico City ist nach über 70 Jahren  jetzt ein Koffer aufgetaucht, in dem sich gut 4500 Dia-Negative aus dem spanischen Bürgerkrieg befinden. Die Bilder sind das Vermächtnis von Robert Capa, seiner Lebensgefährtin Gerda Taro und David Seymour, einem polnischen Juden, der sich das Pseudonym Chim zulegte. Alle drei dokumentierten den Kampf der spanischen Republik gegen den Aufstand der Generäle unter Francisco Franco, alle drei ergriffen Partei für die Soldaten der Republik, mehr noch aber für die Opfer des Krieges auf beiden Seiten. Und sie zahlten einen entsprechenden Preis für ihr Engagement, nicht nur im Spanien der 30er Jahre. Gerda Taro starb 1937 in Spanien, Capa wurde 1954 in Indochina von einer Mine zerfetzt und Chim 1956 während der Suez-Krise in Ägypten erschossen.

Dass der Koffer mit den Negativen in Mexiko auftauchte, ist kein Zufall. Das Land war eines der wenigen internationalen Verbündeten der republikanischen Regierung Spaniens und seine diplomatischen Vertreter in Europa stellten auch nach dem Sieg Francos die Erinnerung an das "andere Spanien" sicher. So gelangten die Negative mit der Frau des mexikanischen Botschafters in Frankreich 1942 in das sichere Mexiko - und verschwanden für annähernd sieben Jahrzehnte.

Jetzt sind sie wieder zu sehen und die spannende Geschichte dahinter gibt es hier.

Sonntag, 16. Januar 2011

Akustische Bückware

Drüben, auf der anderen Seite des großen Wassers, sind sie ja gerne etwas empfindlich in puncto political correctness und haben dadurch eine moralische Grundhaltung, die einst als Waffe gegen reaktionäre Gedankengurus durchaus ihre Berechtigung hatte, zu einem tumben geistigen Disziplinierungsinstrument runtergeritten. Man kennt das ja aus den US of A, doch der Nachbar im Norden ist auch längst kein Hort der Aufklärung mehr (Michael Moore, eat your heart out!). In kanadischen Radiostationen darf seit kurzem die alte Dire Straits-Kamelle "Money for Nothing" wegen des im Text enthaltenen Wörtchens "faggot" nicht mehr aufgeführt werden. Gähn. 

Schwulenhass von alternden Rockstars? Ach, geht mir doch weg. Generationen von HipHoppern bezeichnen sich selbst als Nigga und da soll das Wort Tunte in einem Song  auf einmal nicht mehr erlaubt sein? Das liefert natürlich eine Steilvorlage für die oben genannten reaktionären Arschlöcher, die jetzt schön laut "Zensur!" schreien und vor der totalitären Gedankenpolizei warnen dürfen - wahrscheinlich sind das auch die einzigen, die heute noch Dire Straits hören.

Ich weiß nicht, was blöder ist: Das Bemühen, dem Radiopublikum schmutzige Wörter vorzuenthalten, der Protest aus der falschen Ecke oder die Tatsache, dass Mark Knopfler und Co. nach fast dreißig Jahren noch einmal kostenlose Publicity für schlechte Musik bekommen.

Samstag, 15. Januar 2011

Zeit IST Geld


Ich mag den Fußball, aber ich war nie einer der positiv Bekloppten, die im Stadion ihres Lieblingsvereins im Trikot heiraten und sich für den Fall ihres Ablebens wünschen, am Mittelkreis beerdigt zu werden. Ich bin ein Teilzeit-Fan, ein neutraler Beobachter schön anzusehender Spielzüge und ein (meist) gänzlich leidenschaftsloser Stadiongeher. Es gibt Menschen, die verachten mich dafür, aber damit kann ich leben.

Nur damit keine Mißverständnisse entstehen: Die "Event"-Kultur des zeitgenössischen Fußballs finde ich schrecklich und ich hasse es, wenn bei jedem Eckball der Stadionsprecher trompetet, dieser würde mir von einem Brausehersteller "präsentiert". Und damit sind wir mitten im Thema: In der Kampfbahn am Rhein, die ich heute aus Anlaß des Beginns der Rückrunde besuchte, erschien gegen Ende der Partie folgender Satz auf der Anzeigetafel:

"Die letzten 15 Minuten werden Ihnen präsentiert von (hier Firmenname einsetzen)!"

Merke: Chronisch finanzschwache Fußballvereine schaffen es sogar, ZEIT zu verkaufen. Und es bleiben ja noch 75 Minuten übrig, da liegt noch einiges an Kohle auf der Straße  dem Rasen.

Champions League also gesichert - nach dem 3:1 Heimsieg heute sowieso.

Freitag, 14. Januar 2011

Donnerstag, 13. Januar 2011

Ode an die Hose


Über Jeans zu reden ist inzwischen banal. Jahrzehntelanges Marketinggeschwätz hat aus den blauen Beinkleidern den letzten Rest Hipness rausgeprügelt und niemand kann den ganzen Quatsch von Rebellion und Unangepasstheit mehr hören. In meiner Kindheit war das noch anders: Meine Eltern sprachen konsequent und verächtlich von Nietenhosen und ich verbrachte meine ersten Lebensjahre deshalb in Cordhosen (die ich sehr liebte ob ihres flauschigen Charakters). Jeans hatten damals noch den Ruf der Working Class Heroes unter den Hosen und es schickte sich nicht, sie am Sonntag zu tragen.

Heute sind die Fußgängerzonen bevölkert von Markenjeans einerseits und den oft seltsam anzusehenden Billigprodukten andererseits mit ihren vielfachen Abstufungen von pseudoverwaschenen Blautönen und kruden Applikationen, Aufdrucken, Rissen etc. Aber auch die Markenprodukte kommen nicht ohne Waschungen und modischen Schnickschnack aus - G-Star-Jeans mit verstärkten Knieapplikationen, die dennoch nach einem halben Jahr kaputt sind, können nur den kranken Hirnen des Vertriebs entsprungen sein.

Seit einiger Zeit gibt es weltweit eine Gegenbewegung, oder besser: eine Rückwärtsbewegung, die mehr Wert legt auf Originalstoffe und klassische Designs als auf modische Augenhöhe. Insbesondere in Japan haben einige Menschen sich sehr enthusiastisch der klassischen Jeans verschrieben und fertigen diese auf den alten, relativ unproduktiven Webstühlen der Vor- und unmittelbaren Nachkriegszeit in kleinen Stückzahlen. Das hat seinen Preis, aber den ist das fertige Produkt wert.
Sollte ich jetzt zu sehr nach Studienrat klingen, der selbst seine Unterhosen mit dem Schlachtruf "Es gibt sie noch, die guten Dinge" beim Nobelversand für überteuerte pseudoantike Produkte ordert, so bitte ich um einen Blick auf diese  Websites, die erkennen lassen, dass man es mit Freaks im positiven Sinn und nicht mit reaktionären besseren Ständen zu tun hat.

Das Bild oben zeigt eine Jeans von  diesem Hersteller. Keine Japaner, aber schöner dicker 14Unzen-Stoff, handgefertigt in Frankreich. Man muss ein wenig suchen nach diesen Jeans, aber wenn man sie findet, sollte man zuschlagen - die Dinger sind im Neuzustand hart wie ein Brett, aber nach ein paar Monaten werden sie zur zweiten Haut inklusive selbstzugefügten (also nicht vorgefertigten) Narben, Verfärbungen und kleinen Beschädigungen. Und dann will man sie gar nicht mehr ausziehen.

Die Königin unter den Denim-Produkten aber ist das hier:


Genäht (oder sollte man sagen: zurechtgebogen und -gesägt?) aus 21 Unzen-Stoff. Das bedeutet, diese Hose ist gut doppelt so dick wie der Prewashed-Schrott, den man beim Nullachtfuffzehn-Dealer bekommt. 

Diese Hose wird mich überleben.


Samstag, 8. Januar 2011

Tempus fugit




Hätte man mir vor zehn Jahren erzählt, die Wehrpflicht werde im Jahr 2011 abgeschafft und die GEZ-Gebühr wenig später ebenfalls, so hätte ich befürchtet, das Land sei in die Hände einer rot-grünen Junta gefallen, die unter der Führung von Gregor Gysi und Claudia Roth die Verhältnisse zum Tanzen bringen wolle.

Im richtigen Leben bleibt aber doch alles so, wie es schon immer war. Die Bundeswehr wirbt mit  der Aussicht, in ihren Reihen fremde Länder zu bereisen und die GEZ besteuert demnächst auch noch Handys und Computer.

Das finstere Mittelalter



Neues aus Vatikanhausen - der Vorgänger des Ratzinger Josef, Johannes Paul II., soll nicht nur ganz alleine den Kommunismus besiegt haben, sondern auch medizinisch tätig gewesen sein. Angeblich habe er eine an der Parkinson-Krankheit leidende französische Ordensschwester geheilt. Nun ist dem leitenden Angestellten des Katholizismus natürlich nichts Übernatürliches fremd, inzwischen tauchen jedoch nicht nur bei mir Zweifel an der Wunderheilung auf.

Warum ich das alles erzähle? Weil ich nicht aufhören kann mich zu fragen, wie man mit diesem hanebüchenen Unsinn im 21. Jahrhundert noch ernst genommen werden will. Damit möchte ich nicht alle diejenigen beleidigen, die  überzeugt sind, der Stellvertreter Christi säße im Vatikanstaat - schließlich bleibt es jedem unbenommen, zum Beispiel zu glauben, Neuschwabenland sei WIRKLICH die Heimatbasis von Flugscheiben. Aber ich darf mich als denkender Mensch abwenden und leise in mein Kissen weinen.

1789 war keine schlechte Zeit.