Donnerstag, 15. November 2012

Chinesische Schönheit.


 

Ich bin ein simpel gestrickter Zeit-Genosse, genetisch bedingt. Männer neigen ja zu seltsamen Spielzeugen, deren Größe oder Kompliziertheit mit dem Alter zwar zunimmt, die aber stets Ausdruck einer kindlichen Freude am Mechanischen sind. Ohne diese Tatsache gäbe es keine Supersportwagen, keine Kinderwagen mit Scheibenbremsen und keine Baumärkte. Und keine mechanischen Uhren.


Eine solche habe ich mir gegönnt. Es geht etwas sehr Befriedigendes von altmodischen Uhren aus, die im Gegensatz zu ihren Quarzbrüdern noch die Aura des handwerklichen Könnens ausstrahlen und im Akt des Aufziehens den Besitzer jeden Tag aufs Neue mit seiner Uhr verbinden. Ich habe nichts gegen Quarzuhren, einige meiner besten Freunde sind Quarzuhren!, aber das Pflegeverhältnis reduziert sich bei diesen nun mal auf den Batterietausch alle fünf Jahre. How boring.


Eine Seagull 1963, der erste Chronograph "Made in China", damals exklusiv für die Chinesische Luftwaffe gebaut. Mein Exemplar ist natürlich nicht von 1963, sondern eine aktuelle Neuauflage. Ein Schaltradkaliber treibt diese Pilotenuhr an – ein Nachbau des Schweizer Venus 175-Werk. Die beiden Drücker für die Stoppfunktion sind – ebenso wie die Zeiger – gebläut und lassen sich butterweich bewegen. Das Blau in Verbindung mit dem roten Stoppzeiger und den goldenen Zifferblattmarken ergibt eine relativ bunte Uhr, aber der Look gefällt mir sehr gut und hat so gar nichts kirmeshaftes. Jede überladene Breitling kommt peinlicher daher. Bessere Kenner der Materie als ich versichern mir zudem, die Seagull sei eine sehr robuste und ehrliche Uhr mit einem zuverlässigen Uhrwerk. Na dann. Und teuer war sie auch nicht.

Sehr schön auch die Rückseite:


Ich hätte sie auch mit einem Glasboden kaufen können, aber ich finde Glasböden immer etwas prätentiös und außerdem ist der Stahlboden näher am Original.

 

Sonntag, 11. November 2012

Die Erfinder des Techno.

Wer in den Achtziger Jahren des 20.Jahrhunderts schon alt genug war, um die "Hanni und Nanni"-Hörspiele hinter sich gelassen zu haben, der erinnert sich an Fraktus. Eine Band, die ihrer Zeit weit voraus war - ihre Songs dienen noch heute vielen Technoproduzenten als Inspiration. Die Elektrokombo aus Brunsbüttel hatte 1983 einen denkwürdigen Auftritt in der damaligen Dienstagabend-Pflichtsendung "Formel Eins" und galt neben Kraftwerk als größte Hoffnung der deutschen Popmusik:


Die Band brillierte mit minimalistischen Arrangements, den damals üblichen zeitgenössischen "No Future"-Lyrics und innovativen Instrumenten wie dem elektrischen Dudelsack, dem Rhythmusroboter "Beater" oder der legendären Lichtmangel. Im oben zu sehenden Stück erkennt man auch bereits das Drum-Motiv, das wenige Monate später von einer gänzlich unbekannten Band namens New Order in der Maxisingle "Blue Monday" verarbeitet und zu einem Riesenhit umgemodelt wurde. 

Dieses kleine Detail ist besonders interessant, spiegelt sich darin doch die ganze Tragik von Fraktus: Den großen Erfolg hatten immer andere. Jetzt läuft im Kino die Dokumentation "Fraktus", die die Geschichte der Band erzählt und die Hauptakteure zu Wort kommen lässt - späte Genugtuung für die drei Pop-Pioniere aus dem Norden. 

Angucken und die Popgeschichte neu bewerten!