Donnerstag, 29. März 2012


...nämlich, dass ich im örtlichen Schreibwarenhandel nicht etwa hohnlachenden Spott, sondern tatsächlich noch ein Farbband erwerben konnte. Und dass ich seitdem mit wachsender Begeisterung auf dieses prähistorische Trumm im fabrikneuen Zustand einhacke.

Das ist im übrigen durchaus wörtlich zu nehmen, denn die Kräfte, die notwendig sind, um einen Buchstaben aufs Papier zu bringen, verhalten sich gegenüber denjenigen bei einer Computertastatur wie ein Dampfhammer zu einem Triangel-Klöppel. Aber es macht Spaß.


Eine Reise zu den Anfängen ist es deshalb, weil ich im zarten Alter von neun Jahren meine ersten journalistischen Versuche auf einer (für mich damals) gigantischen Olympia-Schreibmaschine absolvierte, die mir meine Eltern leichtsinnigerweise überliessen. Auch als ich für die Lokalzeitung aufregende Termine bei der Rassegeflügelzucht besuchte und Prachtexemplare vom Typus "Bergischer Kräher" in Augenschein nahm (und damit sind WIRKLICH nicht die Züchter gemeint!), manifestierten sich meine Beobachtungen mittels einer mechanischen Maschine auf dem Papier. Später folgten die elektrischen Brüder der Mechanik, zuerst mit so etwas exotischem wie einem Kugelkopf und dann gar mit ungeahnten Luxus-Gadgets wie einer Korrekturtaste oder einem Preview-Display. Allein, das Aufbäumen gegen den Computer ward vergebens: Die Abschlussarbeit an der Uni war mein Gesellenstück für den Eintritt in das digitale Zeitalter.


Jetzt also zurück ins Jahr 1938. Eine Torpedo-Reiseschreibmaschine mit Koffer. Ich sehe vor meinem geistigen Auge förmlich einen verschwitzten Journalisten mit einem breitkrempigen, in den Nacken geschobenen Hut und Hosenträgern in irgendeiner schmierigen kleinen Pension sitzen, wie er unter Zeitdruck und heftigem Overstolz-Konsum seinen Artikel über den Tod von Bernd Rosemeyer beim Rekordversuch mit dem Auto Union-Wagen in die Tasten haut. Das Ganze dann per Eilpost nach Berlin, schließlich wartet die Morgenausgabe auf neue grausige Details des spektakulären Crashs bei Tempo 400!


Das Schreiben damals war ein anderes als heute mit dem Computer. Man merkt das, wenn man es mal wieder versucht: Während beim Laptop eine Art ecriture automatique möglich ist, bei der Gedankengänge sehr schnell abgebildet werden können und jederzeit Korrekturen nach dem Baukastenprinzip möglich sind, ist der Weg vom Gedanken zur Schrift bei der Torpedo langsamer und natürlich endgültiger - Fehler sind und bleiben suchtbar sichtbar (TippEx mal ausgenommen, aber selbst das sieht man ja). Das muss aber nichts Schlechtes sein, denn es hat ja noch nie geschadet, erst zu denken und dann zu schreiben.

Ein bisschen ist es wie bei Film und Video. Kameramänner der alten Schule überlegten sich wegen des kostbaren und begrenzten Filmmaterials pro Rolle ("Nur noch 20 Meter verfügbar!") genau, welche Einstellungen sie drehen wollten - bevor sie den Auslöser betätigten. Das demokratische Videoband ermöglichte dann aufgrund der Verfügbarkeit und der niedrigen Kosten das stundenlange "Draufhalten" und die bekannten, knarzlangweiligen achtstündigen Urlaubsvideos, mit denen videobegeisterte Verwandte uns an langen Winternachmittagen zu foltern pflegten: "Und jetzt noch die aufregenden Aufnahmen von der Erstbesteigung des Brocken durch Tante Amalie!"

So eine Schreibmaschine ist wie ein 35mm-Film: Eine Erinnerung daran, dass das Leben einmal langsamer war und nicht jede Technik per se kulturelle Erzeugnisse hervorbringt. Sondern immer nur der Mensch, der sie bedient.

1 Kommentar:

  1. schmunzel schmunzel .... ich tippe auch auf einer von 1922 und finde es toll ganz wunderbar .... eine alte Wanderer ist's .... mit alten Auto's aus dieser Zeit bin ich aufgewachsen und liebe den Klang ihrer Motoren .... und wenn der Anschlag beim Tippen durch's Haus hier hallt hüpft mein Herz ....

    über "anders anziehen" bin ich grad mal zu Dir hingeklickt ... :-)

    Grüsse aus Frankfurt
    von Simone

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